ER – Wie mich auf Lombok ein Auto vom Motorrad fegte

Ausflug durch Lombok: Dreier-Selfie

Ausflug durch Lombok: Dreier-Selfie

Ich bin schon vom galoppierenden Pferd in der Mongolei gefallen, hab mir in Russland den Fuß verknackst und eine Lebensmittelvergiftung eingefangen, hatte eine hartnäckige Mittelohrentzündung in Myanmar. Dann flogen wir nach Bali. 

In Indonesien hat mich ein Auto vom Motorrad gefegt. 

Die Geschichte beginnt um 10 Uhr morgens in Senggigi auf Lombok. Wir mieten uns drei Roller in unserem Hotel Elen. Der Mitarbeiter verkündet stolz, dass die Honda-125er-Maschinen ganz neu sind, meine zeigt 28 Kilometer auf dem Tacho. Wir fahren nach Norden, Reisfelder rechts, verlassene Strände links. Die Menschen rufen uns freundlich „Hello“ zu, winken. Hier kommen nicht so viele Touris her wie auf die Nachbarinsel Bali.

Unser kleiner Helfer mit dem unscheinbaren Wasserfall

Unser kleiner Helfer mit dem unscheinbaren Wasserfall

Wir fahren bis zu einem kleinen Wasserfall im Norden der muslimischen Insel, ein kleiner Junge führt uns durch Felder bis an den Punkt, an dem – enttäuschend – wenig Wasser einen kleinen Berg runtertröpfelt.

Wir fahren insgesamt 50 Kilometer nach Norden, dann kehren wir um. 48 Kilometer nach Süden haben wir wieder hinter uns gebracht, da überholt mich ein silberner Van. Es ist dunkel, ich fahre vielleicht 30 km/h. Das Auto scherrt wieder ein und streift dabei meinen Lenker. Ich bremse wohl noch hart, bevor ich stürze. 

Kurz nach dem Unfall werden die Formalitäten geklärt: "Ihr zahlt den Schaden!" (Foto: Anne Pauly)

Kurz nach dem Unfall werden die Formalitäten geklärt: „Ihr zahlt den Schaden!“ (Foto: Anne Pauly)

Sofort rast der Adrenalinspiegel in die Höhe, ich rufe instinktiv zu Anne, die hinter mir fährt: „Halt das Auto an!“ Der Moment des Aufpralls fehlt mir, doch als ich den Roller zur Seite schiebe und zum Auto gehe, sind alle ausgestiegen.

Fast alle. Denn SIE hat den Fahrer dermaßen angeschrien, dass der sich nicht mal mehr aus dem Auto wagt. IHRE Angst war größer als meine. Eine junge Frau aus dem Auto redet, entschuldigt sich, will fürs Motorrad bezahlen und entschuldigt sich wieder.

Ich reinige die Schürfwunden am Fuß und am Ellenbogen mit Hand-Desinfektion – was höllisch brennt – und sage zu Anne: „Mach Fotos für den Blog.“ Ein Automatismus, eine Reaktion aus dem Rückenmark. Wie gesagt, Adrenalin. 

Die Beleuchtung in der Arztpraxis

Die Beleuchtung in der Arztpraxis (Foto: Anne Pauly)

Dann fahren wir zum Hotel, ich im Auto, die junge Frau, die gut Englisch kann, fährt meinen Roller zurück. Als wir nach zwei Kilometern in Senggigi ankommen, fällt der Strom aus. Ausgerechnet. Der Hotel-Mitarbeiter, der die neuen Roller so pries, inspiziert jetzt die neuen Kratzer im Licht einer Taschenlampe – auf der Seite ist die Verkleidung gerissen, ein paar Scheine tauschen den Besitzer, ich gehe zum Arzt um die Ecke – mit eigenem Wundspray…

Dort hat der Dorfarzt eine Kerze aufgestellt, Stromausfall macht auch vor Praxen nicht Halt. Ich schaue mir jeden Tupfer und jeden Verband an, überprüfe, dass sie eingeschweißt und neu sind. Er reinigt mir die Wunden, verbindet sie und gibt mir Antibiotika-Creme.

Der Arzt verbindet die Wunden am Fuß

Der Arzt verbindet die Wunden am Fuß (Foto: Anne Pauly)

Noch schmerzt es nicht zu sehr, die Dopamin-Ausschüttung betäubt. Die ganze Familie aus dem Unfall-Auto steht drum herum und macht sich Vorwürfe. Nur der Fahrer traut sich noch immer nicht aus dem Auto. Die junge Frau bezahlt den Arzt und schreibt am nächsten Morgen noch eine SMS, fragt, wie es mir geht.

Später lasse ich den Fuß röntgen, zur Sicherheit: Es ist nichts gebrochen. 

Und bislang kann man nach fast fünf Monaten Weltreise sagen: Vom Pferd gefallen, Hämatom. Fuß umgedreht, weitergegangen. Vom Motorrad gefallen, Schürfwunden. Wenn’s dabei bleibt, ist das alles bald vergessen. 

 

 

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